Männer in Kamelhaarmänteln / Elke Heidenreich

Mit ihrem neuen Erzählband »Männer in Kamelhaarmänteln«, ist Elke Heidenreich wieder einmal ein großer Wurf gelungen.

Eine feste Größe der deutschen Kulturszene
Elke Heidenreich-Männer in Kamelhaarmänteln
Männer in Kamelhaarmänteln

Welche TV-schauende Leseratte kennt sie nicht (?) — Elke Heidenreich, die Grande Dame der deutschen Kulturszene, die sich sowohl als Schriftstellerin, als auch als Literaturkritikerin, Kabarettistin, Moderatorin, Journalistin und Opern-Librettistin im Laufe von Jahrzehnten einen beachtlichen Namen erarbeitet hat.

Die temperamentvolle mittlerweile 77-Jährige trägt ihr Herz nach wie vor auf der Zunge, wie man neulich noch bei ihrem Gastauftritt am 24.09.2020 bei Markus Lanz erleben durfte, wo sie sich an einer regen Diskussion mit dem SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot und dem Politologen Hamed Abdel-Samad beteiligte und man auch kurz auf ihr jüngstes Werk »Männer in Kamelhaarmänteln« zu sprechen kam.

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Ein Buch voll mit kurzen Geschichten über Kleider und Leute

Den Einband ihres neuen Bestsellers ziert nicht etwa (wie man annehmen könnte),  ein Bild mit Männern in Kamelhaarmänteln, sondern ein altes Jugendfoto der in einen eleganten Herrenanzug gehüllten mexikanischen Malerin Frida Kahlo. In ihrer Erzählung »Fridas Kleider« hat Elke Heidenreich dieser bewundernswerten Ausnahmekünstlerin ein ganz persönliches literarisches Denkmal gesetzt.

„Wir vergessen die Namen, die Geschichten, aber fast nie vergessen wir die Kleider.”

Elke Heidenreich stellt fest: „Unsere Weltliteratur ist voll von Beschreibungen der Kleidung — …” In der Tat: Menschen und ihre Kleider geistern durch alle Epochen und gehören zur menschlichen Kulturgeschichte dazu wie Malerei, Musik, Poesie, Opern-, Theater- und Filmkunst. Die literaturbewanderte Autorin geht an vielen Stellen immer wieder auf berühmte Werke und ihre Schöpfer ein und bringt sie in engen Zusammenhang mit ihren ebenso feinsinnigen wie unterhaltsamen eigenen Anekdoten und Erzählungen.

Alle meine Kleider — oder meine Art von Kunstsammlung

Die Autorin liebt Kleidung. Vor allem zweckdienliche und bequeme, — aber auch kostbare schöne Kleider, wie ›frau‹ sie nur besitzen will, um sie zu bewundern, statt sie zu tragen. Kleider aus edlen Stoffen in herrlichen Farben: Rot, Gold, Grün, Schwarz und Weiß. Nicht von ungefähr hat Elke Heidenreich daher wohl die einzelnen Kapitel in ihrem Geschichtenband nach diesen Farben sortiert.

  • „Jeder Mensch muss sich kleiden, aber nicht jeder muss sich darum kümmern, was Mode ist. Ich trage manche Sachen dreißig Jahre und mehr, es ist mir egal, ob sie modisch sind oder nicht, solange sie mir passen, stehen, Freude machen.”

Wenngleich natürlich nicht alle Erzählungen im Buch von der Person Elke Heidenreich handeln, so überrascht es doch, dass viele Episoden und Abschnitte ihres bewegten Privatlebens − wie auch ihrer eindrucksvollen beruflichen Karriere − eng mit Kleidern und ihren Farben verbunden sind. „Wenn ich heute in meiner Fotokiste wühle, erinnere ich mich mehr an die Tanzstunde und die Kleider, die ich trug, als an die jungen Männer, mit denen ich tanzte und die ich zaghaft küsste —  …”  lässt sie ihre Leser zu Beginn ihres Buches wissen.

Kleider im Wandel der Zeit

Mit Bravour gelingt es der Autorin, die lange zurückliegende deutsche Nachkriegszeit und den nostalgischen Charme der 60er und 70er Jahre des vergangenen Jahrhundertes in den mit Fotos unterlegten Erzählungen aus ihrer eigenen Kindheit und Jugend vor dem geistigen Auge der Leserschaft wieder zum Leben zu erwecken.

Heute beinahe unvorstellbar: Als Elke Heidenreich noch ein Kind war, durften Mädchen in der Schule nur Röcke tragen und keine Hosen. In den Jugendherbergen im Sauerland, zu denen sie damals Ausflüge machte, hing noch 1952 ein Schild: »Die Hose zieret nur den Mann, drum Mädchen, zieh ein Röcklein an.«  🙂

Unser Fazit

Auch dieser neue Band der im Herzen jung gebliebenen Autorin mit insgesamt 77 kurzen Geschichten über Kleider, Leute, Zufälle, Liebe, Vergänglichkeit und Sehnsucht ist wieder ›ein echter Heidenreich‹. Locker und lebensnah erzählt, trifft Elke Heidenreich wie gewohnt den richtigen Ton und hält die richtige Balance zwischen Fiktion und Wirklichkeit.

Sollte die eine oder andere Handlung hin und wieder etwas ins Sentimentale abzustürzen drohen — keine Angst: Elke Heidenreich ist eine wahre Meisterin darin, auch traurige Kapitel am Ende wieder mit einem schelmischen Augenzwinkern  😉  und einem gut dosierten Schuss Selbstironie in Richtung Optimismus zu lenken.

Besonders gut gefallen haben uns zwei von lesemehrwert.de ihre Erzählungen: »Anfänge«, »Brief an mich als 16-jährige«, »Das Venezianische Kleid«, »Der perfekte Mann«, »Ein Mann schält Kartoffeln«, »Fesch«, »Fremder Mantel«, »Haare«, »Karton des Grauens«, »Kurze Hosen«, »Männer in Kamelhaarmänteln«, »Second Hand«, »Mode aus dem Fundbüro«, »Giftgrün«, »Duchesse«, »Norberts Nerz«, »Pflaumenkern«, »Die Kleider meiner Mutter«, »Reinhard«, »Pantoffeln«, »Modern Times«,  — und natürlich die zu Herzen gehende Katzengeschichte »Nero in Ungaro«.

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Elke Heidenreichs rundum gelungener neuer Geschichtenband

Männer in Kamelhaarmänteln

Kurze Geschichten über Kleider und Leute

− Mit vielen interessanten Bildern aus dem privaten Fotoalbum der Autorin −

(ISBN 978-3-446-26838-8) wurde uns als E-Book (€ 16,99) zur Verfügung  gestellt. Der Titel ist im Hanser-Verlag auch als gebundenes Buch im Schutzumschlag zum Preis von € 22,00 erschienen.

Verlagsinfo

Wer Elke Heidenreichs Kurzgeschichten mag und mehr von ihr lesen möchte, sollte sich diese vier älteren Erzählsammlungen nicht entgehen lassen:

  • Der Welt den Rücken
  • Alles kein Zufall
  • Ab morgen wird alles anders
  • Kolonien der Liebe

Ein Gedanke zu „Männer in Kamelhaarmänteln / Elke Heidenreich

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