Wir dürfen vorstellen: »Der Skandal der Skandale – Die geheime Geschichte des Christentums«.
Nicht zuletzt aufgrund der in den letzten Jahren gewachsenen Ängste vieler Bürger vor einer schleichenden Islamisierung befinden sich mittlerweile sogar Volksparteien (speziell im Freistaat Bayern) jüngst wieder auf der Suche nach der eigenen religiösen Identität und machen sich für das Aufhängen von Kreuzen stark. Christliche Symbole − zumindest im öffentlichen Raum − sind jedoch »Anno Domini Nostri Iesu Christi« 2018 offenbar ein (Un)Ding, das so manchen tonangebenden katholischen Kirchenfürsten bitter aufstoßen ließ und zu aufgeregten Kreuzdebatten führte.
Der Unterschied zwischen Christentum und Kirche
Was also liegt derzeit näher, als sich grundsätzlich einmal mit der Geschichte des Christentums, seinen Geheimnissen und den spezifischen Besonderheiten des Katholizismus zu beschäftigen?
„Vieles, was als Skandal der Kirchengeschichte dargestellt wird, ist gar keiner”, stellt Autor Manfred Lütz in seiner jüngsten Publikation
Der Skandal der Skandale – Die geheime Geschichte des Christentums
fest und untermauert diese These mit seriösen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen. Dabei beruft er sich insbesondere auf die umfassenden Studien des Kirchenhistorikers Professor Dr. Arnold Angenendt, die dieser in seinem bereits im Jahre 2007 erschienenen Werk »Toleranz und Gewalt – Das Christentum zwischen Bibel und Schwert« zusammengetragen hat.
Das Christentum hat die Toleranz und die Internationalität erfunden (?)
Zumindest ersteres ist eine steile These, gesteht der Autor in einem interessanten Deutschlandfunk-Interview anlässlich der Buchbesprechung von
Der Skandal der Skandale – Die geheime Geschichte des Christentums
mit der Politikwissenschaftlerin und Journalisten Christiane Florin zu. Wie vermutlich den meisten unter uns, war auch dem katholischen Diplom-Theologen Manfred Lütz nicht bekannt, dass die Kirche entgegen der landläufigen Meinung an einem Großteil der im Buch aufgelisteten Skandale überhaupt keine − zumindest wissenschaftlich nachweisbare − Schuld trifft, — wie er selbst in besagtem Interview unter dem Titel »Christen schämen sich für ihre eigene Geschichte« einräumt. „Und dann habe ich bei Arnold Angenendt den neuesten Stand der Wissenschaft gelesen. Das ist aber ein dickes Buch, 800 Seiten, 3.000 Anmerkungen. Und ich habe dann versucht, da dann ein knappes Buch draus zu machen, 286 Seiten mit Arnold Angenendt zusammen, damit mal eine breitere Öffentlichkeit informiert wird”, führt der Autor seine Ausführungen fort und stellt klar: „Aber über Wissenschaft und nicht über meine Meinung. Vieles von dem, was ich in dem Buch »Toleranz und Gewalt − Das Christentum zwischen Bibel und Schwert« von Kirchenhistoriker Arnold Angenendt gelesen habe, war für mich völlig neu”, bekennt er freimütig und verrät, was ihn zu seiner eigenen Publikation veranlasst hat. „ … Um das Christentum sozusagen für die gesellschaftliche Debatte zu retten, habe ich das Buch geschrieben.”
In den insgesamt 12 nach Epochen und Themenschwerpunkten gegliederten Kapiteln
- I. Zum Teufel mit der Religion − Judentum, Christentum und Islam: Der Monotheismus als Gefahr für die Menschheit?
- II. Die ersten tausend Jahre − Eine Religion der Liebe begegnet der Gewalt
- III. Das Mittelalter und die Kreuzzüge − Von der Erfindung eines neuen Menschen bis zum Ende einer Missgeburt
- IV. Sündenfälle − Mittelalterliche Ketzerverfolgung und am Ende ›die Borgias‹
- V. Die Neuzeit − Alte Probleme, neue Lösungen
- VI. Der größte Justizirrtum aller Zeiten − Erstaunliches über die Hexenverfolgungen
- VII. Legenden der Indianermission − Was man weiß und was man wissen sollte
- VIII. Aufklärung − Woher kommen die Menschenrechte wirklich und wer hat die Sklaven befreit?
- IX. Nach dem Blutbad − Die Kirche im 19. Jahrhundert
- X. Das 20. Jahrhundert − Christen und Nationalsozialismus, Erbsünde und Euthanasie, die Kirche und die Juden
- XI. Skandale am laufenden Band − Was Sie immer schon über das Christentum wissen wollten, aber nicht zu fragen wagten
- XII. Das 21. Jahrhundert − Die Krise des Christentums und die Flüchtlinge
ist es dem versierten Autor und Theologen gelungen, das umfangreiche wissenschaftliche Werk des Kirchenhistorikers Arnold Angenendt gekonnt zu straffen, um dessen brisante Forschungsergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen und im Rückblick den (kirchen)politischen Einfluss mächtiger, auf ewig mit der Geschichte des Christentums und der Kirche verbundener mehr oder weniger bekannter Päpste, sowie historischer Herrscher, Philosophen und anderer Persönlichkeiten publik zu machen.
Unser Fazit: Ein aufschlussreiches Sachbuch, das sowohl historisch als auch theologisch interessierte Leser anspricht. Interessant auch zu erfahren, welche unterschiedlichen Standpunkte Protestanten und Katholiken im Verlauf der letzten 500 Jahre sowohl in Bezug auf theologische, als auch weltliche Fragen und Problemstellungen vertreten haben, die sie entsprechend unterschiedlich agieren ließen.
Besonders spektakulär fanden wir die Forschungsergebnisse zu folgenden Skandalen, bzw. Vorfällen, die für Skandale gehalten wurden, wie u. a.
- den Fall »Galileo Galilei«, bei dem es sich um die größte Medienente aller Zeiten handeln soll,
- das Drama der Menschenrechte − Die Abschaffung der Sklaverei
- die Legenden der Indianermission (Protestantische Mission und katholische Mission − Ein kleiner Unterschied und seine großen Folgen).
Der empfehlenswerte Bestseller
Der Skandal der Skandale – Die geheime Geschichte des Christentums
(ISBN 978-3-451-37915-4) wurde als gebundene Ausgabe im Schutzumschlag vom Herder Verlag zum Preis von € 22,00 herausgegeben.