Unter dem Titel »RATH« hat der Spiegel-Bestseller-Autor Volker Kutscher kürzlich den zehnten Rath-Roman − und damit aller Voraussicht nach den letzten Band dieser spannenden Krimireihe − vorgelegt.
Eine packende Zeitreise in das Spree-Chicago der Dreißigerjahre
Wie viele andere Leserinnen und Leser vielleicht auch, wurden wir seinerzeit durch die populäre TV-Serie Babylon Berlin auf diese fesselnde Romanserie rund um den eigenwilligen Kriminalkommissar Gereon Rath, der im Berlin der Dreißigerjahre ermittelt, aufmerksam.
Erst nach dem Besuch der Frankfurter Buchmesse 2022, auf der in Anwesenheit des Autors sein vorheriger Roman »Transatlantik« besprochen wurde, haben wir begonnen, alle Rath-Krimis der Reihe nach zu lesen.
Wer bislang nur die ausgestrahlten Babylon Berlin-Staffeln kennt, wird überrascht sein, welche großen Unterschiede zwischen den Filmhandlungen und den Romanen bestehen.
Spannende Lesestunden, in denen man die Zeit vergisst
Volker Kutschers 10. Band der beliebten Rath-Buchreihe startet im Herbst 1938. Die Epoche der Weimarer Republik, während der sein Romanheld im Berliner Polizeipräsidium − der sogenannten Roten Burg − als Mitarbeiter bei der Mordkommission ermittelte, ist längst Geschichte. Die seit 1933 herrschende NS-Diktatur ist inzwischen auf dem Höhepunkt ihrer Macht angekommen. Noch hat das Regime seine Maske nicht endgültig fallen gelassen. Nach der Pogromnacht am 9. November 1938 aber sollte sich die unheilvolle Schlinge, die der Nationalsozialismus seit der Machtübernahme langsam aber stetig um das Land und vor allem um seine jüdischen Mitbürger gelegt hatte, jedoch unaufhaltsam immer straffer zuziehen.
Ein Toter kehrt zurück
Der ein Jahr zuvor mit dem Unglückszeppelin LZ 129 Hindenburg nach Amerika geflüchtete Ex-Kommissar Gereon Rath wurde inzwischen in Deutschland offiziell für tot erklärt. Als er erfährt, dass sein Vater im Sterben liegt, kehrt er zusammen mit seinem älteren Bruder zurück und findet vorübergehend Unterschlupf im Haus von Konrad Adenauer, dem alten Freund seines Vaters. Einmal im Monat trifft er sich anonym mit seiner Ehefrau − oder besser Witwe − Charlotte in einem Hotel in Hannover, wo die beiden Pläne für eine gemeinsame Zukunft schmieden. Werden sie es schaffen, die vor ihrer jähen Trennung ohnehin schon losen Beziehungsfäden wieder zusammenzuknüpfen? Wird ihnen ein Neuanfang in Amerika gelingen?
Charly kann’s nicht lassen
Ja, auch Raths in Berlin verbliebene Gattin Charlotte − kurz »Charly« genannt − nimmt in diesem Roman wieder viel Raum ein. Die frühere Polizistin, die nach ihrer Heirat mit Rath ihren Dienst quittiert hatte, arbeitet immer noch in der Detektei Böhm. Als die Freundin ihres ehemaligen Pflegesohnes Fritz, die ihr ebenfalls gut bekannte jüdisch stämmige Hannah Singer bei einer Sterilisation in einer Krankenanstalt vorsätzlich getötet wird, stellt sie auf eigene Faust Nachforschungen an.
Als dann auch noch Fritz unter Verdacht gerät, zwei Kameraden aus der Hitlerjugend ermordet zu haben und verzweifelt versucht nach Polen zu flüchten, überschlagen sich die Ereignisse: Während die couragierte Charly versucht seine Unschuld zu beweisen und selbst in die Fänge der Gestapo gerät, wird auch der junge Mann aufgegriffen, verhaftet und nach Berlin überstellt ….
Starke Gefühle besiegt nur der Tod
Unser Fazit: Zunächst finden wir als Fans der Rath-Romane es natürlich äußerst schade, dass der Autor mit diesem Werk seine erfolgreiche Buchserie einstellen will.
Denn auch mit seinem finalen zehnten Band »RATH« ist Volker Kutscher wiederholt ein ebenso anspruchsvoller wie unterhaltsamer Roman gelungen, der Seite um Seite immer mehr an Fahrt aufnimmt. Wieder einmal hat der Schriftsteller akribisch herausgearbeitet, was Menschen sowohl zu positiven, als auch zu grausamen Taten antreibt und in welch hohem Maße starke Gefühle wie ›Liebe‹ und ›Hass‹ unser Handeln bestimmen und den Wunsch nach Rache und Vergeltung wachsen lassen.
Wie immer wurde auch das historische Umfeld in dem sich die handelnden Personen bewegen, von Volker Kutscher sorgfältig recherchiert. Der damals herrschende Zeitgeist spiegelt sich eindrucksvoll im Denken und Tun der Charaktere wieder und gewährt einen interessanten Einblick in das Mit- bzw. Gegeneinander während einer unheilvollen Epoche, die in einigen die besten, in vielen leider aber auch die schlechtesten Veranlagungen zum Vorschein brachte.
Der 624 Seiten starke zehnte Rath-Roman mit dem Titel
»RATH«
(ISBN 978-3-492-07410-0) ist als Hardcover-Ausgabe mit Schutzumschlag und Lesebändchen zum Preis von € 26,00 im Piper Verlag erschienen.