Der Elefant, der das Glück vergaß / Ajahn Brahm

AJAHN BRAHM: Der Elefant, der das Glück vergaß
AJAHN BRAHM: Der Elefant, der das Glück vergaß

In 2020 wieder auf den ersten Seiten der Spiegel-Bestsellerlisten mit dabei: »Der Elefant, der das Glück vergaß«.

Wie heißt der im Westen wohl bekannteste und aktivste buddhistische Mönch nach dem Dalai Lama? Richtig: Ajahn Brahmavamso Mahathera, besser kurz Ajahn Brahm genannt. Der taffe, in Sachen Lebensberatung äußerst umtriebige Australier hat schon mehrere erfolgreiche Bücher publiziert.

Auch sein neuestes Werk ‒ eine Sammlung von 108 buddhistischen (Kurz)Geschichten, um Freude in jedem Moment zu findenist seit Wochen oben in den Bestsellerlisten zu finden und ein echtes Highlight für jeden, der Sympathie für diese äußerst friedvolle und weise Lehre hegt, Menschen und Humor liebt, und vielleicht darüber hinaus sogar ein Anhänger fernöstlicher Meditationsübungen ist. Hoffentlich haben Sie als Nichtmönch keinen unruhigen »Affengeist« der Sie ‒ wie in der gleichnamigen Geschichte beschrieben ‒ , fortwährend am »In-sich-hineinhorchen« und der gewünschten Konzentration hindert.

Schon die erste Kurzgeschichte in Ajahn Brahms

Der Elefant, der das Glück vergaß

bringt den Unterschied zwischen Weisheit und Torheit (oder besser fanatischer Verbohrtheit), auf humorvolle Art und Weise beispielhaft auf den Punkt; wobei die Story »Der Behälter und die Inhalte« nicht die einzige ist, die klarstellt, dass sich gestandene buddhistische Mönche wie Ajahn Brahm nicht so leicht zu aggressiven Reaktionen verleiten lassen. Beispielhaft dazu auch die Geschichte »Ein halbes Blatt Papier«, die von einem Mann handelt, der Zorn und mangelnde Selbstachtung geschickt überwinden konnte. Dass wir gut auf uns aufpassen, und auch mit unseren Lieben und unseren Gefühlen für sie sorgsam und pfleglich umgehen sollten, lehrt die Anekdote vom »gesprungenen Becher«. Ganz neue Aspekte beim Treffen wichtiger Entscheidungen liefert der taffe Mönch auch in der Story »Soll ich oder soll ich nicht?«. Warum also nicht demnächst einfach mal eine Münze werfen und auf diesem Wege herausfinden, was das Herz einem zu sagen hat?

Ajahn Brahm empfiehlt in seiner Publikation »Der Elefant, der das Glück vergaß« grundsätzlich, unsere schönen Erinnerungen quasi wie im »Fotoalbum« aufzubewahren und bei den schlechten »die Löschtaste zu drücken«. Andererseits sind magische Augenblicke und schöne Stunden dafür da, ausgekostet und nicht in einer Kamera eingesperrt zu werden, wie die Erzählungen »Meine Reise in den Himalaja« und »Innere Stille« sinnbildlich verdeutlichen. Auch Stress und Ruhestörungen lassen sich bewältigen, wie Ajahn Brahm in seinen Selbsterfahrungsgeschichten »Die Ursache von Stress« und »Wohltönendes Schnarchen« erzählt.

Sind mysteriöse Ereignisse die uns widerfahren eher Zufall, oder Fügung des Schicksals? Die Geschichte vom König und seinem Leibarzt »Gut? Schlecht? Wer weiß das schon?« und die Story »Der Taxifahrer, der sich verfuhr« geben zu Spekulationen reichlich Anlass. Gibt es auch in der buddhistischen Weltanschauung übersinnliche »Gütige Geister« wie die, von denen in der gleichnamigen spirituellen Erzählung zu lesen ist?

Die Episoden »Erlaubnis zu sterben«, »Lasst die Banane los«, »Mami ich gehe«, »Hinterm Horizont«, »Der erschrockene Wasserbüffel« und »Der Fall der verschwundenen Harley« handeln vom Trauern und Loslassen; sowohl von geliebten Menschen, als auch von Besitztümern. Die Mahnung des Buddhas lautet nicht umsonst: »Alles, was mein ist, geliebt und erfreulich, wird eines Tages von mir getrennt sein!« Ganz buddhistisch ist auch die Geschichte »Alte Mönche lügen nicht«, die vom Streben nach dem Glück handelt, das vor lauter Eifer beim Suchen oft übersehen und deshalb nicht gefunden wird. Ähnliches will uns wohl auch die Metapher mit dem Titel »Wie man nicht Beten sollte« − vom törichten Mönch, der blind vor Glauben auf ein persönliches Wunder wartet und alle helfenden Hände und Rettungsversuche geflissentlich ignoriert − , sagen.

Hüten Sie sich, wenn ein Freund Sie um Hilfe bittet, zu denken: »Das ist nicht mein Problem«; damit es Ihnen nicht so ergeht, wie dem Huhn, dem Schwein und der Kuh in der Legende von der »Mausefalle«! Von Problemen und Lösungen zwischenmenschlicher Beziehungen wissen auch die Geschichten: »Der Alleswisser«, »Jemand sieht dich immer«, »Verbotene Früchte«, »Der Tyrann«, »Bürokratische Tyrannen«, »Tyrannei in der Vorstandsetage« und »Ich bin nicht gut genug« zu berichten. Super auch der Rat, wie man mittels der »Sandwich-Methode« Kritik übt, ohne zu verletzten, sowie (sich) nach dem Konzept »Am besten 70 Prozent« motivieren und Gelassenheit lernen kann. »Schrauben Sie Ihre Erwartungen runter«, empfiehlt der Autor in der gleichnamigen Story. Wer ist schließlich schon perfekt? Auch gelegentliches Flunkern ist erlaubt. Lesen Sie: »Wann darf man die Unwahrheit sagen?«! Denn nur wo es Vergebung gibt, kann es auch Wahrheit geben, möchte uns Ajahn Brahm mit seiner Erzählung »Warum wir lügen« ans Herz  legen. Dass sich Disziplin ‒ zumindest nach Meinung des Autors − auch ohne Strafen erlernen lässt, wenn nur die richtige Strategie anwendet wird, bekunden seine Geschichten: »Die Katze«, »Der General mit den diszipliniertesten Soldaten« und »Die Macht der Freundin«.

Kleine Sünden dagegen werden manchmal sofort bestraft, wie die Lektion »Die Gefahren der Trunkenheit am Steuer« witzig beweist. Und dafür, dass Buddhisten die ihnen heiligen Lehren humorvoll auf den Arm nehmen können, stehen die Geschichten »Heilige Scheiße«,  »Stimmen hören«, »Das Wunder« und »Eine göttliche Intervention«, die ‒ wenn auch mit ganz unterschiedlichen Resultaten ‒ von Glück, Aberglaube, falschen und echten Wundern berichten. Eine lustige Story über sich selbst erfüllende Prophezeiungen mit dem Titel »Der nächste Winter« ist eine gelungene Metapher dafür, wie die Börse funktioniert.

Einen weisen und wahren Hintergrund hat die Geschichte »Die Ursprünge des Materialismus«, die mit einfachen Worten lehrt, dass zunehmender Besitz im Grunde nicht ›weniger‹, sondern kontinuierlich ›mehr‹ Probleme und Abhängigkeit schafft. Gleiches gilt auch für Macht, wie die Geschichte von den »Zwei Mangobäume(n)« zeigt. Ajahn Brahm kennt eine Methode, wie man ab und an Urlaub von Pflichten und Verantwortung machen kann: Seien Sie einfach mal nur »Gast, nicht Eigentümer«. Und dann sage noch mal einer, gute Taten und Gaben zur rechten Zeit zahlten sich nicht manchmal schon zu Lebzeiten aus! Die Geschichten »Milch und Kekse« und «Anderen etwas zu geben überwindet Depressionen« widersprechen negativen Eigenschaften wie Egoismus und Geiz.

Vom Umgang mit kleinen, aber auch großen Schuldgefühlen wissen u. a. die Geschichten »Klinkenputzer«, »Sich kümmern, nicht heilen« und »Die letzte Frage« in Ajahn Brams

Der Elefant, der das Glück vergaß

zu berichten. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass gerade die zuletzt genannte Geschichte, in der es um den Suizid eines Jugendlichen geht, von Kritikern in Medien wie ›Die Weltäußerst streng und skeptisch bewertet wurde. Ob zu Recht oder Unrecht, darüber mag sich jeder Leser seine eigene Meinung bilden.

Unser Fazit: Man sollte besser nicht den Fehler machen und Ajahn Brahms neue Sammlung buddhistischer Geschichten

Der Elefant, der das Glück vergaß

als bitterernsten Beitrag zum Thema Lebensberatung betrachten, sondern die Lektüre eher mit leichtem Augenzwinkern genießen und als ein Potpourri kleiner locker-flockiger Glückskekse ›reich gefüllt mit alten (Lebens)Weisheiten‹ verstehen, die dazu »anregen« sollen, Freude in jedem Moment zu finden.

Von unseren vierbeinigen Freunden handeln Geschichten und Fabeln, wie »KIT-CAT«, »PO-SITIVE Verstärkung«, »Das Tsunami-Krokodil«, »Fragen Sie den Hund«, »Ein Hunderetreat«, und natürlich ‒ last but not least ‒ die Titelstory

Der Elefant, der das Glück vergaß.

Ajahn Brahms liebevoll in 108 gleichnishafte, erbauliche und unterhaltsame Erzählungen eingebettete Empfehlungen, Ratschläge und Lebensweisheiten − getreu der aufmunternden Devise »Don’t worry, be hopey!« −  wurden von Karin Weingart aus dem Englischen übertragen. 

Der Elefant, der das Glück vergaß

(ISBN 978-3-7787-8251-4) ist als 238 Seiten starke Ausgabe im Schutzumschlag mit Lesebändchen beim Lotos Verlag zum Preis von € 16,99 erschienen.

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