Der Junge muss an die frische Luft / Hape Kerkeling

 Hape Kerkeling: Der Junge muss an die frische Luft
Hape Kerkeling: Der Junge muss an die frische Luft

Wie Hape Kerkeling  in seinem bewegenden Bestseller »Der Junge muss an die frische Luft − Meine Kindheit und ich« bekennt, ist es mitunter knochenharte Arbeit, Menschen professionell zum Lachen zu bringen und seinen eigenen Stil zu finden; da man den einen gemeinsamen Humor-Nenner vieler unterschiedlicher Individuen eben erst einmal »entdecken« muss. Hape Kerkeling − der seit gut dreißig Jahren populäre, von Grund auf optimistische Komiker, Schauspieler und Entertainer – hat seine Sache gut gemacht; er hat «ihn» gefunden und getroffen: Den gemeinsamen »Humor-Nenner« mit einem großen Publikum, um mit genau den richtigen spritzig-witzigen Kapriolen so viele von uns wie möglich zum Lachen zu bringen. Und spätestens seit seinem ersten Bestseller »Ich bin dann mal weg« – und der hier vorgestellten Autobiografie

Der Junge muss an die frische Luft

über seine Kindheit und sich − weiß man, dass er auch ein talentierter, verblüffend guter Autor ist.

Man sollte nicht den Fehler machen und dem ›Schauspieler in ihm‹ auf den Leim gehen, in dem man ihn auf seine Rollen reduziert und seinen harmlos-unschuldig blickenden Augen traut. Hinter dieser Maske verbirgt sich ein hellwacher Geist, ein ständig hin und her flitzender neugieriger Verstand, der sich nicht einfangen, einengen und an die Kette legen lässt, – sondern genau weiß was er will und wie er seine hoch gesteckten Ziele erreicht. In seiner Hingabe an seinen Beruf, sein komödiantisches Repertoire, seine jahrelange Freude zum und beim Hineinschlüpfen in fiktive Figuren, in schillernde, manchmal etwas schrill-schräge Verkleidungen, wirkt der Künstler authentisch und sich selbst treu. Und bleibt somit – zumindest ein klitzekleines Stückchen – im Herzen für immer der kleine blonde pausbäckige Wonneproppen aus Recklinghausen. Ein hellwacher liebenswert-pfiffiger Schelm, der wie einst auf Oma Änne’s Ladentheke das pure Leben beobachtet, die rege, redselige ein- und ausgehende Kundschaft gleich (s)einem ersten Publikum genießt.

Der Junge muss an die frische Luft

Wer oder was steckt aber genau dahinter, dass er bereits im Kindesalter beschließt berühmt zu werden und ins Fernsehen zu kommen? Gibt es das zweite Gesicht, oder nur sich selbst erfüllende Prophezeiungen? Dazu müsste man Hape Kerlings lebenslustige Großmutter mütterlicherseits schon selbst befragen, die diese penetrante Neugier von Fremden aber wahrscheinlich etwas pikieren würde.

Direkt beim Aufschlagen des Buches

Der Junge muss an die frische Luft

stellt Hape (Hans-Peter) Kerkeling mit seinen privaten Erinnerungsfotos aus den 1960er Jahren Fans und Lesern die wohl drei wichtigsten Frauen in seinem Leben – die zudem seine Karriere nachhaltig geprägt haben – vor: Seine bereits während seiner Kindheit verstorbene Mutter und seine Großmutter Änne, sowie seine hingebungsvolle Oma Bertha – die zwar auch schon lange nicht mehr unter den Lebenden weilt –, aber als einzige noch den Beginn seiner Künstlerlaufbahn erleben durfte und für ihn das Salz der Erde bedeutete. Denn bei allem Unglück hatte das Kind Hans-Peter zugleich das außerordentliche Glück, in eine große und großartige Verwandtschaft hineingeboren zu sein, die ihn in der Not zum richtigen Zeitpunkt auffing.

Ausdrücklich gewidmet ist das Buch

Der Junge muss an die frische Luft

jedoch seiner Mutter Margret, die er so früh auf tragische Weise verloren hat. Manchmal ist der Schmerz bei allem Unglück gnädig und schenkt Zeit zum Verstehen. So wie er bei einer großen Wunde nicht sofort, sondern erst mit Mikrosekunden Zeitverzögerung einsetzt, wartet er bei einer seelischen Wunde oft jahrelang, bis der Mensch den angemessen Rahmen für seine schmerzlich-traumatischen Erinnerungen gefunden hat. So hat es wohl auch beim Autor die erforderlich lange Weile gedauert, das durch Leid und Tod arg strapazierte, jedoch schicksalhaft-unlösbar verknüpfte Band der Liebe zwischen Mutter und Kind anzunehmen, zu akzeptieren und ›ihr‹ in der Ahnengalerie seines späteren und heutigen Lebens ›ihren‹ ganz besonderen Platz – sicher in der Mitte, direkt zwischen seinen beiden von ihm heiß geliebten und verehrten Großelternpaaren – einzuräumen.

Der Junge muss an die frische Luft

Wer aber genau ist nun dieser Hape Kerkeling, was denkt er heute, was fühlt er, was will er? Lassen wir es ihn doch ganz einfach mit seinen eigenen Worten sagen: »Ich bin meine Mutter und mein Vater, meine Großeltern, mein Bruder, meine Tante Getrud, Tante Lisbeth, Tante Hedwig, Onkel Kurt und Tante Veronika. Ich bin Frau Edelmund, Frau Rädeker und Frau Strecker und viele mehr. Jeder hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Und gleichzeitig bin ich auch Tante Lore und die Richtung, in die sie mich schiebt. Ich bin die gescheckten Kühe auf der Weide, das gelbe Korn auf dem Feld und der rote Mohn am Wegesrand. Ich bin der schmale Trampelpfad und dessen Ende. Ich  bin der wolkenlose Himmel über uns. Ich bin wach.«

Ein Glücksmoment von einem Buch, das zwischen Lachen und Weinen wechselt, aber immer gekonnt die Balance behält und den richtigen Ton trifft. Sein humorvoller gradliniger Charakter, sein komödiantisches Talent und sein Ehrgeiz haben Hape Kerkeling zum Künstler, sein besonderes Schicksal jedoch zum »Lebenskünstler« reifen lassen. Frei nach der Prämisse: »Vorwärts leben wir, und erst rückwärts verstehen wir«.

Hape Kerkelings zu Herzen gehende autobiografischen Kindheitserinnerungen  

Der Junge muss an die frische Luft

(ISBN 978-3-492-05700-4) sind als gebundenes Buch zum Preis von € 19,99 beim Piper Verlag erschienen.

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